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Jede Theorie beginnt mit einer Setzung, das heißt sie baut auf
etwas auf, was nicht erklärt wird. Ich baue meine Theorie auf Erfahrungen
und Empfindungen und Ahnungen auf, die ich als modellierende Bildhauerin
mache, auf mein Interesse. Theorie als Anschauung, als Weltbild - Weltbild
als Anschauungssache. Versuch am Modell der Welt aus Lehm Am Anfang formt sie einen Mensch aus Lehm - warum aus Lehm? "Weil
Lehm da ist." Ein Haufen Lehm in Klumpen in der Kiste. Das Bild wächst
aus diesen kleinen Lehmkugeln. Das Ebenbild entsteht von innen nach außen,
innen so dicht wie möglich, nach außen offener - an der Oberfläche
eine durchlässige Struktur, die durch Druck zusammengefügt ist
und hält weil Lehm klebt. Die Bildhauerin hat keine Identität ohne den Lehm. Ihre Identität entsteht durch den Lehm, das heißt sie findet diese außer sich, hat sie nur, wenn sie nicht allein ist, ist nur mit sich identisch, wenn sie gleichzeitig woanders ist, wenn sie mehr ist als eins. Es muss das Andere geben. Identität ist als Vorstellung unbrauchbar, es sei denn, sie bezeichnet den einzelnen Zusammenhang. Ist die Monade ein Urverhältnis? Nein, sie muss eines haben. Monaden können nicht allein sein. Für die Bildhauerin wachsen Menschen aus der Erde. Ihr Körper
ist das, woraus sie gemacht ist. Alle Materie ist eine Materie. Eine Bildhauerin ist nicht der Anfang sondern die Mitte zwischen Lehm
und Weltbild. Von denen ist nicht klar, wer zuerst da war. Das Eine wird
durch ihre Vermittlung zum Anderen. Sie stellt die Verbindung her. Sie
vermittelt als schwaches Subjekt zwischen starkem Objekt (oder ebenfalls
schwachem Subjekt) und Kontext.
Aber die neomonadologische These ist: alles ist eine Materie und es beginnt mit zweien - dem Körper und dem Lehm, und weil sie aus einem gemacht sind, deshalb kennen sie sich irgendwie, sie verstehen sich, sie haben Zugang zueinander, sie können ein Gespräch führen. Sie haben materielle Gemeinsam-keit und beginnen sich zu vergleichen und zu imitieren. Sie wollen haben, was das andere hat . Das Eine wird zum Anderen. Mischwesen Das Material, das die Bildhauerin ihrem Weltbild zugrundelegt ist der Lehm. Der Anfang ist aus Lehm, materielles Sein, gesucht wird ein Ausdruck für Körperlichkeit. Die Antwort, die der Körper sucht, liegt im Material, beide sprechen Körpersprache. Die Körperplastik entsteht auf dem labyrinthischen Weg zwischen Positiv und Negativ, also entsteht im Wechsel zwischen An- und Abwesenheit, die Form geht und kommt, zum Entstehungsprozess des Körpers gehört, dass er sich in sein Gegenteil wendet. Der Körper ist im Ton, fehlt im Silikon, ist wieder im Wachs, fehlt wieder in der Gips-Schamott-Mischung und ist dann endlich wieder in der Bronze... Der Körper wird transportiert, es ist immer derselbe Körper in verschiedenen Daseinsweisen, der durch die Materialien transformiert wird. Am Ende ist es eine andere Plastik von einem Körper, von einem gewordenen Körper. Gewordener Körper, Körperhaftigkeit als Prozess, das spricht für eine offene Struktur, für das Thematisieren der Spuren des Entstehungsprozesses, für gezeichnete Oberflächen, mehr für Durchlässigkeit als für Geschlossenheit. Für Körperhaftigkeit als die Metamor-phose der Mischung aller Materialien. In jedem Stadium mischt sich das neue Material ein. Am Ende muss alles drin sein. Von jedem Material in jedem Stadium ist etwas anwesend. Eigentlichkeit und Körper-an-sich-Sein ist abwesend. Zwischen Lehm, dem Körper der Bildhauerin und dem Weltbild entsteht eine Struktur aus einer Bewegung zwischen Nachahmung und Verkehrung ins Gegenteil. Reaktion und Resonanzen entstehen durch Widerstände und beglückende Lösung. Die Suche nach Synthese, die Auflösung der Differenzen, das sind die Anziehungskräfte, die zwischen Verschiedenartigem wirken. Die Bildhauerin als schwaches Subjekt ist aus demselben Stoff wie Ihr Material. Sie lässt sich leiten. Sie bilden eine Arbeitsgemeinschaft, vielleicht bilden sie auch einen Wirbel? Sie sind im Austausch. Sie hat die Mimik des Lehm in Händen und das Material kann sprechen.
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